Objekt des Monats

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Objekt des Monats November 2021 – Laufziehbank

Laufziehbank

Während für Flinten oder einfache Militärwaffen in früheren Zeiten glatte Läufe genügten, hatten Jäger besondere Ansprüche an die Zielgenauigkeit ihrer Pirsch- oder Jagdbüchsen. Aus glatten Rohren verschossene Kugeln hatten eine geringere Reichweite und waren wenig zielgenau. In Zeiten der lange auf Schlachtfeldern gebräuchlichen Lineartaktik kam es nicht auf Genauigkeit an, die schiere Menge an verschossenen Kugeln erfüllten ihren traurigen Zweck. Bei der Jagd dagegen war es wichtig, dass möglichst der erste Schuss genau traf, denn eine zweite Chance bekam der Jäger, wegen des langwierigen Nachladens der einschüssigen Büchsen, nicht. Um die gewünschten Eigenschaften, die Zielgenauigkeit betreffend, zu erreichen begann man schon frühzeitig, die Läufe mit sogenannten Zügen zu versehen. Es ist nicht bekannt, von wem, wann und wo die ersten gezogenen Läufe hergestellt wurden. Aus der Zeit des Habsburger Kaisers Maximilian I. ist ein mit Zügen versehener Bronzelauf erhalten geblieben, der sich auf den Zeitraum von 1493 bis 1508 datieren lässt. Demzufolge sind die ersten Läufe mit gewundenen Zügen gegen Ende des 15. Jahrhunderts gefertigt worden. Man wusste von vorherigen Erfahrungen mit Pfeilgeschossen für Bögen und Armbrüste, dass die in einem bestimmten Winkel angebrachten Federn für eine Rotation und eine damit verbundene bessere Zielgenauigkeit sorgten. So hat man dieses Prinzip vermutlich auf die Feuerwaffen übertragen.

Blick in einen Lauf

Blick in einen gezogenen Lauf (Matthias Kabel, Wikipedia)

Als Züge bezeichnet man die im Lauf ausgeformten spiralförmigen Vertiefungen, die dem Geschoss einen Drehimpuls verleihen und dadurch die Geschossflugbahn stabilisieren. Die zwischen den Zügen stehengebliebenen Bereiche werden Felder genannt. Die Steigung des Zugs wird als Drallwinkel bezeichnet, aus fertigungstechnischen Gründen ist dieser fast immer konstant. Die Strecke, auf der die Züge und Felder eine Umdrehung (360°) vollenden, heißt Dralllänge. Je nach Ausführung absolviert das Geschoss eine halbe, dreiviertel oder ganze Umdrehung bis zur Mündung des Laufes.

Wie kommen aber diese Züge und Felder in den Lauf hinein? Die älteste Methode funktioniert mit einer sogenannten Zugbank (Laufziehbank), wie sie auch im Stadtmuseum zu sehen ist. Hierfür wird der Lauf auf der einen Seite der Zugbank fest eingespannt. Durch den Lauf hindurch wird eine Stange (Dorn) geschoben, an deren Ende ein scharfes Werkzeug, das Zugmesser, befestigt ist.

Eingespannter Lauf

Durch den fest eingespannten Lauf wird das an dem Dorn befestigte Ziehmesser gezogen

Am entgegengesetzten Ende der Zugbank befindet sich eine sogenannte Teilscheibe, mit der sich die einzelnen Züge in einem einstellbaren Winkel versetzt einarbeiten lassen. Im Zentrum der Teilscheibe befindet sich ein Gewinde, dessen Gegenstück sich auf der Stange mit dem Zugmesser befindet.

Teilscheibe

Die Teilscheibe ermöglicht es, den korrekten Versatz der einzelnen Züge einzustellen

An dieser Seite der Stange ist ein drehbar beweglicher Griff befestigt, mit ihm wird die Stange durch herausziehen und hineinschieben abwechselnd drehend durch den Lauf gezogen und geschoben. Auf diese Weise wird nach und nach ein Zug bearbeitet, bis die gewünschte Tiefe erreicht ist. Dann wird das Gewinde in der Teilscheibe um einen bestimmten Winkel verdreht und der nächste Zug wird nun, versetzt zum ersten, auf gleiche Weise eingearbeitet. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis alle Züge, meist vier bis neun oder mehr, in den Lauf hineingearbeitet sind.

Laufzieher bei der Arbeit

Laufzieher bei der Arbeit an einer großen Ziehbank (Henneberger Heimatblätter, 1937)

Das Ziehen eines Laufes dauerte mehrere (etwa vier bis sechs) Stunden. Die Form und Anzahl der Züge waren von Beginn an sehr vielgestaltig. Es gab feine Haarzüge, tiefe Rillen, abgerundete Züge bis hin zu Zügen, die herz-, kreuz- und rosettenförmige Laufquerschnitte ergaben. Dabei handelte es sich jedoch um Prunkstücke welche die Handfertigkeit des Büchsenmachers und den Wohlstand des Auftraggebers unterstreichen sollten. (ls)

Laufprofile

Historische Laufprofile (nach Geibig, Alfred: Gefährlich und schön, Coburg 1996)